
Gletscher-Trekking mit kulinarischem Marathon
Von Passu geht es nun Richtung Süden – wir möchten in der Gegend noch einen viertägigen Trek zum Rakaposhi Basecamp machen. Erster Stopp ist am Attabad Lake – entstanden erst im Jahr 2010 durch einen gewaltigen Erdrutsch, der den Hunza River nun zu einem See aufstaut. Über vier Jahre war das obere Hunzatal nur noch per Boot zu erreichen. Selbst Lastwagen wurden auf drei aneinandergetäuten Booten eine Stunde lang über den See geschippert. Dass in dieser Zeit kein größeres Schiffsunglück passierte, grenzt nach Einschätzung der Einheimischen an ein Wunder. Heute entwickelt sich der See zu einem Erholungs- und Touristenressort. Diverse Bootsfahrten werden angeboten und wir haben sogar jemanden auf einem Jetski entdeckt …
Unser Ausgangspunkt fürs Trekking ist Minapin, südlich von Karimabad und schon hier ist klar, Trekking in Pakistan unterscheidet sich von unseren letzten Unternehmungen in Tadschikistan deutlich. Unsere Crew besteht aus Fûhrer, Koch, vier Portern mit Lasteseln und ziemlich viel Equipment – inklusive drei lebenden Hühnern … Nachdem alles auf die Esel verpackt ist, geht es kurz durchs Dorf und dann direttissima das Tal hoch. Die Etappen sind hier äußerst moderat bemessen und wir erreichen nach einem Zwischenstopp bei einer Hochalm mit Lassi – ein Joghurtgetränk – in 3,5 Stunden unser erstes Camp – Hakapun.
Nach dem Zeltaufbau stellen wir uns auf einen ruhigen Lesenachmittag ein. Doch nach dem obligatorischen Chai kommt die Mannschaft auf uns zu – wenn wir uns an einer kleinen Ziege beteiligen würden, gäbe es für alle ein ordentliches Abendessen. Wir beteiligen uns natürlich und eine Viertelstunde später steht ein kleiner Ziegenbock auf der Wiese – Schonfrist für die Hühner! Noch einmal kurz das Messer gewetzt, den Ziegenbock nach Mekka ausgerichtet und ran an die Kehle … Nachdem das Tier ausgeblutet ist, werden an den Hinterläufen kleine Schnitte angebracht und durch Lufteinblasen das Fell gelöst. Trotzdem ist es eine Teamarbeit das Tier abzufellen. Dann wird es aufgebrochen und wirklich alles Verwertbare genutzt! Der Darm wird gesäubert und akkurat um den Panzen gewickelt. Wir sichern uns Leber und Nieren für Spieße. Das Fleisch wird grob zerteilt – hier musste ich einschreiten und die Filets retten, die sonst gnadenlos in der Masse verschwinden würden! Berham – unser Koch – erhebt noch Anspruch auf die Hoden, die enthäutet und gewaschen werden.
Nun geht es an die Zubereitung und man sieht: Berham versteht sein Fach. Leider bin ich nicht schnell genug um die Filets ein zweites Mal zu retten und so werden sie gemeinsam mit den Hoden frittiert – nichts mit zartrosa gebraten … Nach den Leber-Nieren Spießen gibt es als Hauptgang die Keule als pakistanische Spezialität – Karahi – gar gekocht und dann mit Knoblauch, Ingwer, Chili, Tomaten und Gewürzen gebraten – wunderbar! Während dem Kochen und Essen gibt es Hochprozentiges aus China mit Limetten. Sonja spielt auf der Ukulele und begeistert unseren Guide Shear zum Mitsingen. Für den nächsten Tag bleibt noch eine Schulter übrig – die Hühner müssen in ihrer Kiste wohl noch etwas ausharren.
Im Nieselregen starten wir am nächsten Morgen Richtung Camp 2 – Tagaphari – die Laufzeitangaben variieren mal wieder zwischen einer und 4-5 Stunden … naja, sind wir halt da, wenn wir da sind … angesichts der Wetterlage und einem Küchenzelt bei dem die Außenplane nicht zum Gestänge passt quartiert sich unser Team in einer kleinen Hütte ein – und die Eseltreiber verziehen sich angesichts der Außentemperaturen nach „Gepäckabwurf“ wieder eine Etage tiefer … wir sind also mit Koch und Guide alleine. (Beide übrigens zum ersten Mal auf diesem Trek …). Am späteren Nachmittag machen wir zu Zweit noch einen Spaziergang auf dem Moränengrat und tatsächlich klart es auf und wir bekommen eine Ahnung vor welch gigantischer Berg- und Gletscherlandschaft wir stehen. Am Abend trudelt dann noch ein Deutscher ein und Nils erfreut uns mit dem aktuellen Wetterbericht: Für Morgen strahlender Sonnenschein! Im Dunkeln taucht noch eine Abordnung der lokalen Fußballjugend auf … 7 Jungs und ein (!) Zelt … sie unterhalten uns dann auch bis in die Nacht hinein mit Trommeln und Gesang und wecken uns morgens um sechs mit den ersten Trainingseinheiten – da wars ihnen zu kalt geworden hieß es später als dann auch wir uns aus unserem überfrorenen Zelt schälten … Zum Frühstück erscheint schließlich einer unserer Eseltreiber als lokaler Guide für die Gletscherwanderung … in Schlappen ohne Socken und Schnürsenkel, aber wen wundert’s noch? Nach nem kleinen Senkrechteinstieg (regulären Weg verfehlt) haben wir die Wanderung auf dem Gletscher bei Supersicht auf Diran (7266m), Rakaposhi (7788m) und die 20 km Nordwand dazwischen dann auch wirklich genossen!
Bei Rückkehr am Camp werden wir von Berham mit einem leckeren Mittagessen empfangen – die Hühner leben immer noch! Und den Abschluss des Mittagessens geben die Vorschläge für den Menüplan fürs Abendessen … Trekking in Pakistan fordert in unserem Fall primär den Magen und seine Ausdehnungskraft !
Am nächsten Morgen gehts dann – oh Wunder – in einem Rutsch zurück ins Tal mit einem kleinen Lunchstop auf einer Alm, wo gerade XXL- Pferdesättel für die kommende Saison gefertigt werden. Somit sollen dann auch korpulentere Touris per Pferd in Genuss des Gletscherblicks kommen … ob die Geschäftsidee wohl aufgeht ?
PS: Die Hühner haben übrigens die Eseltreiber vorm Abstieg zum Frühstück verspeist ; )
Respekt ! Da bekommt das Sprichwort hinsichtlich inneren Werten gleich eine ganz andere Bedeutung ?
? Haha
Christoph
Wow, dank eurer tollen Bilder und Berichte reisen wir (bequem von der Couch aus) mit, freuen uns, dass es euch offenbar gut geht und erfahren viel über eine Welt, die wir wahrscheinlich sonst nicht authentisch kennelernen würden. Seit heute können wir nun auch noch unser Traumland NZ aus der Ferne miterleben – Tim und Ines sind zum Auftakt ihres Sabbatjahres gut angekommen.
Hallo Beate, Michel, Couchsurfing auf andere Art !!
Gruß auf dem Weg an Ines und Tim
Christoph
geil, ich liebe Eure Geschichten! …und bin schon gespannt auf die Naechste 🙂
Grüess, reto
Echt tolle Bilder ?? und beeindruckende Stories!