Kerala: „God’s Own Country“

Kerala: „God’s Own Country“

10. Januar 2019 3 Von sschellh

… lange Strände, Gewürze, wilde Elefanten und die Backwaters !

Nachts um 3 Uhr auf dem Flughafen frage ich mich – möglichst geschickt auf eine von den unbequemen Flughafenbänken (ARMLEHNEN!!!) drapiert und um ein bisschen Schlaf ringend – doch mal kurz, ob der Nachtflug von Jaipur nach Trivandrum mit Zwischenstopp in Chennai eine sooo tolle Idee war … aber wenig später dann morgens um 7 Uhr in Varkala einen Chai am Strand zu schlürfen und den Fischern beim Einholen ihres Fangs zu zuschauen ist dann wieder tiefenentspannt. Schlafen geht ja auch später =)

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Weihnachten lassen wir am Strand von Varkala die Seele baumeln … buddeln die Zehen in den Sand, toben in den Wellen und träumen in den Sonnenuntergang. Weihnachtsbaum & Schneemann dürfen nicht fehlen … darum in den Sand gemalt und liebevoll geschmückt – der Koch schaut auf unsere Bitte nach der Karotte für die Schneemannnase etwas irritiert … ein Foto hat das Ganze später dann für ihn erklärt! (Die lebenden Muscheln für die Kerzen haben wir auch wieder dem Meer übergeben und NICHT in der Sonne gegrillt …) Varkala selber ist ein netter kleiner – aber schon recht touristischer – Küstenort oberhalb eines langen roten Kliffs. Auf unserer Reise der touristischte Ort bislang … es fühlt sich ein bisschen seltsam an unter all den „Weihnachtsurlaubern“ … soooo lange sind wir schon unterwegs!

Am Weihnachtsabend werden wir mit leckerem Fischessen verwöhnt und amüsieren uns über eine Bollywood-Dance Performance … aber die haben‘s drauf die Mädels & Jungs … zwei Stunden Nonstop -Programm in diversen Glitzer – Kostümen.

Nach ein paar Tagen zieht es uns weiter Richtung Norden – in Marari Beach verbringen wir noch weitere entspannte Tage am Strand. Lustig jeden Abend der Strandspaziergang – im Lonely Planet, unserer Reisebibel, steht etwas von einem einsamen langen Sandstrand… noch wenig touristisch … pünktlich zum Sonnenuntergang vergnügen sich jedoch auf einem Abschnitt von ca. 150m Unmengen von indischen Familien – nicht weiter links und nicht weiter rechts … vom Auto an den Strand und zurück. Es ist ein Schauspiel für sich … die Frauen in voller Bekleidung lassen sich kichernd und quietschend von den Brandung überrollen, Männer stehen in den Brandungswellen und halten Wache und fischen zu mutige Kinder aus den hohen Wellen – bis sie dann selber von einer der hohen Wellen erwischt werden und Sekunden später lachend und prustend wieder auftauchen – zur Freude der Unmengen von Zuschauern. Es ist ein Wunder, dass dort nicht mehr passiert… ein deutscher Bademeister würde verzweifeln!!!

Ansonsten gilt für uns: Lesen in der Hängematte, Radeln durch die Backwaters, Chris lässt sich ayurvedisch verwöhnen … die Gegend hier scheint das Mekka der Ayurvedik zu sein.

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An einem Morgen stehen wir etwas früher auf und radeln ein paar Dörfchen weiter, um am Strand den Fischern zu zuschauen, die von ihrem nächtlichen Fischfang zurückkehren. Direkt am Strand stehen die Zwischenhändler und die Ausbeute wird lautstark per Auktion (ausschließlich) an den Mann gebracht. Makrelen, Sardinen, Krebse, Prawns in allen Größen und sogar mehrere Haie und ein Rochen wechseln den Besitzer. Und Chris natürlich mittendrin … mir ist das Gedränge in der Männermasse dann doch a bissle zu viel Körperkontakt und ich beobachte das Szenario sozusagen aus der Seitenloge mit der Kamera … es gibt so viel zu sehen: Frauen warten angespannt auf Fangreste, während die Fischer in ihren kleinen Booten mit der Brandung kämpfen und die Männer mit ihren Körben voller Fische mit den Brandungswellen um die Wette rennen. Es schaut aus wie ein einstudiertes Schauspiel, jeder kennt seine Rolle und keiner verpasst seinen Einsatz … zwischendurch stärkt man sich an einer der kleinen Imbissbuden mit Chai und Uadda (… leckere frittierte Kringel aus Reismehl mit Chilli inside).

Für den Jahreswechsel fahren wir nach Fort Kochi … ein bisschen Stadtprogramm – zur Zeit ist dort die Biennale – Kunst pur – es sind auch hier viele Touris in der Stadt. Wir sind überrascht von den netten Gassen mit stilvollen Häusern. Portugiesische und holländische Händler haben hier architektonische Spuren hinterlassen. Ansonsten ist Kochi ein riesiger Seehafen – endlich mal wieder ein Containerterminal (… da kommen bei mir die Kindheitserinnerungen an Bremerhaven hoch …)

In Fort Kochi – dem Altstadtbereich – gibt es ein altes jüdisches Viertel mit unzähligen Gewürzläden und dann noch die Fischergassen. Am Wasser können wir an den Fischständen frischen Fisch erstehen und uns in einer der Bruzzelbuden zubereiten lassen … ein späterer Blick ins müllverdreckte Hafenbecken, in dem die Fischer mit Wurfnetzen und großen chinesischen Fischernetzen auf Beutejagd sind lässt uns hoffen, dass unsere Mahlzeit auf hoher See gefangen wurde …

Und ohne den Besuch einer Kathakali Performance können auch wir Fort Kochi nicht verlassen. In bunten Kostümen und kunstvoll geschminkt werden die Geschichten aus der Ramayana, der Mahabharata und den Puranas auf der Bühne nachgespielt. Dabei sind Mimik und Gestik von großer Bedeutung… die Augen werden in alle Richtungen gerollt, die Augenbrauen zucken wild und verschiedenste Handpositionen verraten die Stimmung der Person, die sich im Spiel tanzend in Gott, Held oder Dämon verwandelt. Trommler und Sänger begleiten das Ganze musikalisch.

 

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Zum Neuen Jahr gibt es hier jede Menge Trubel … manches erschließt sich uns nicht wirklich – am Silvesterabend wird eine riesige Weihnachtsmann-Statue nach portugiesischem Brauch verbrannt (… ein Albtraum deutscher Kinder ???) und es gibt ein großes Feuerwerk – das beobachten wir entspannt von einer Terrasse bei Cubra Libre … ach ja, Thema Alkohol in Kerala: Nix mit Anstoßen mit Sekt zum Neuen Jahr – nachdem in Kerala jahrelang im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so viel Alkohol konsumiert wurde wie anderswo in Indien ist die Regierung momentan auf dem Weg zum „Dry State“ bis 2024. Nur in 5*Hotels (naja, im Prinzip …) wird überhaupt Alkohol ausgeschenkt oder in den wenigen „Kneipen“ mit Lizenz – ein Exemplar mit Opiumhöhlenatmosphäre haben wir uns dann auch mal irritiert angeschaut – da bleibt einem das Bier im Hals stecken! Und dann sind da noch die Wine & Beer Shops … secret places … im letzten Gasseneck hinter einer Wellblechwand wird aus einem megavergitterten Shop durch ein Fensterchen heraus vornehmlich Hochprozentiges verkauft, das die indischen Männer dann je nachdem verschämt oder verschmitzt blickend unter ihrem Dhoti (langes Wickeltuch für Männer) verschwinden lassen. Wir haben uns das Geschehen in Munnar einmal zu Gemüte geführt und Chris hat EINE Stunde für Bier und Rotwein angestanden … frei nach dem Motto: Das muss man mal erlebt haben! (… und dann wars Bier auch noch WARM !!!)

Zurück nach Kochi: Nach einem fröhlichen „HAPPY NEW YEAR!!!“ ist für uns der Heimweg am Silvesterabend nach Mitternacht mindestens eine Stunde lang von Unmengen von Menschen, Motorrädern etc. versperrt – irgendwie hatten wir die Anzeichen unterhalb unserer Restaurant-Terrasse nicht richtig gedeutet: Der ganzen Straße entlang waren nämlich schon bei unserer Ankunft Unmengen von Motorrädern geparkt – die Besitzer waren an der Strandpromenade zum Feuerwerk … und kommen natürlich kurz nach Mitternacht in Massen zurück, um den motorisierten Heimweg anzutreten. Ums kurz zu machen – wir sind auch am Silvesterabend nicht einsam in Indien!

Am ersten Neujahrstag genießen wir dann noch eine etwas kuriose Karnevalsveranstaltung, deren Sinn und Ablauf uns zutieftst unverständlich ist: Ab 14 Uhr (… da soll der Umzug beginnen) stehen die Leute in der brütenden Hitze am Straßenrand … manche Kids mit „venezianischen Masken“ – SCHWITZ!!! Um 15 Uhr gehen wir dann mal nen Kaffee trinken … um 18 Uhr drängeln wir uns zum Abendessen bis zu unserer Restaurantterrasse vom Vorabend … und um 20Uhr (!!!) zieht dann endlich der heiß ersehnte Karnevalumzug an uns vorüber … ein bemalter Elefant an der Spitze … dahinter etwa 50 Leute trommelnd und kreischend … und dann … alle 5 -10 Minuten in einer immer enger werdenden Gasse bis zum Abwinken geschminkte Ladyboys und Ladygirls mit Startnummern … hm … nix Musik, nix wirklich Stimmung … einfach nur … eine Menge Gedrängel auf der Straße!!! Naja, wir müssen ja nicht alles verstehen ; )

Nach den Strandtagen und dem Stadttrubel zieht es uns wieder in die Berge. Das Hinterland von Kerala ist bekannt für seine Teeplantagen und die angenehmen Temperaturen – und ein bisschen Wandern sollte dort auch drin sein (… so langsam haben wir ein Bewegungsdefizit!)

Für die fünf Tage mieten wir uns noch einmal eine Royal Enfield – jetzt ist Kurvenfahren angesagt! Auf dem Weg nach Munnar begegnen wir übrigens sogar einer Schwarzwälder Kirschtorte ! Die Landschaft ist wirklich wunderschön hier oben – oder sind das nur die Heimatgefühle???

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Die Struktur der Teeplantagen erinnert uns eindeutig an die heimischen Weinberge – allerdings passen die Elefanten dann doch nicht so wirklich in das Heimatfeeling =) =) =)
Gerade hatten wir angesichts des „Elephant Crossing Zone“ – Zeichens noch überlegt, ob sich die Elefanten auch in den Teeplantagen rumtreiben als sich genau dieses Szenario vom Motorrad aus beobachten lässt.

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Die Temperaturen hier oben sind erfrischend – nachts um den Gefrierpunkt … aber tagsüber wird’s wieder ordentlich warm. Deshalb starten wir unsere Tageswanderung auch schon um 7 Uhr morgens – am Startpunkt durchgefroren von den 13 km Anfahrt auf dem Bike … macht nix – gibt ja erstmal einen Chai!!!

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Einen Tag lang wandern wir mit Alwynn, einem jungen Agrarwissenschaftler durch die Teeplantagen, auf Elefantenpfaden über Bergkämme und durch hohes Gras. Die Wege hätten wir alleine niemals so gefunden und viel Land ist hier bedingt durch die Teeplantagen in Privatbesitz. Außerdem hat Alwynn soooo viel zu erzählen – über Teeanbau und die Arbeit in den Plantagen … über die vielen Gewürze, die in Symbiose und auch schon auf kleinster Fläche angebaut werden. Kardamom, Vanille, Muskatnuss, Pfeffer, Ingwer … und dann noch Kakao und Kaffee … dazu noch Mango- und Cashewbäume – schon spannend das alles mal in der Natur zu sehen – bis das bei uns in Europa in der Küche landet muss dann noch Einiges geschehen … und der Blick auf die mühsame Gewinnung lässt uns in Zukunft sicher etwas bewusster „würzen“ und den Tee genießen!

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Den Abschluss unserer Zeit in Indien – es waren jetzt tatsächlich 3 (!!!) Monate – begehen wir auf einem Hausboot in den Backwaters von Kerala. Gemütlich shippern wir durch die Kanäle und genießen die Ruhe. Das Lebenstempo ist hier ein völlig anderes … seeeehr gemächlich! Das Leben der Menschen findet am Fluss statt … hier wird sich und die Wäsche gewaschen, am Ufer wird gekocht, Fischfang und Muscheltauchen bestimmen den Alltag. Im Hinterland große Reisfelder – und überall Kokospalmen. Von diesen Palmen wird hier wirklich alles verwendet – das Holz zum Bauen, die Blätter für Dächer und Korbwaren, die Fasern der Kokosnussschale für Seile – na ja, und dass sowohl Kokosmilch als auch das Kokosfleisch lecker schmeckt ist ja klar!

A prospos Essen – das scheint neben Schauen, Lesen, Blog schreiben und unsere Oman-Zeit planen die Hauptbeschäftigung hier auf dem Hausboot zu sein! Ist aber auch sooooo fein! Das indische Essen werden wir sicher noch vermissen!

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… ansonsten freuen wir uns jetzt auf unser Oman-Abenteuer! – der Mitsubishi Outlander fürs OffRoad-fahren wartet schon auf uns ; )