
Kunterbunte Begegnungen im Iran
Iran – ein Land von dem wir schon soooo Vieles gehört und gelesen haben … und nun dürfen wir es selber erleben: Gespannt machen wir uns also auf und fliegen von Sharjah nach Shiraz. Bei Landung schnell das Kopftuch drapiert … nun kann es los gehen!
Noch im Flieger lernen wir schon die ungemeine Hilfsbereitschaft kennen – neben mir sitzt Nabil, der aus Shiraz stammt, aber in Bahrein lebt und uns sofort seine Hilfe anbietet. Er lotst uns durch die Immigration – der Officer ist ein Verwandter – und sein Fahrer Mehdi wartet auch schon in der Halle. Die letzten Dirham aus Dubai werden unter seiner Regie am Flughafen in Rials getauscht. Das Gepäck passt nur mit Mühe in den Kofferraum und los geht es in die Stadt – welches Hotel? Wieviel kostet das? Wasss …? Viel zu teuer ? (22€)! Nur der mehrmalige Hinweise, dass wir bei Buchung das Geld auf ein holländisches Konto überwiesen haben verhindert eine Umquartierung … Für den nächsten Tag verabreden wir uns, um iranische SIM Karten zu besorgen – Mehdi kennt da jemanden … Wir sind angekommen ?!
Zum Mittagessen gehen wir in eine gutes Restaurant um die Ecke des Guesthouses und werden gleich mit einer iranischen Realität konfrontiert – die Inflation ist so hoch, dass keine Preise mehr in die Karte geschrieben werden! Neu im Land und der Kellner berät uns äußerst zuvorkommend mit den Speisen, noch Tee? Hier, die süßen Stückchen müsst ihr probieren! – wir sind etwas besorgt ?: Werden wir hier abgezockt ??? Aber unbegründet, das Essen ist super lecker und die Rechnung äusserst moderat.
Birgit und Johannes haben uns einen Kontakt zu Mozhdeh und Hooman in Shiraz vermittelt und wir verabreden uns gleich am ersten Tag im Café Joulep vor der Vakil Moschee. Wir lassen uns durch die Straßen und die Bazare in der Altstadt Richtung unserem Treffpunkt treiben, nehmen das hiesige Angebot wahr und werden überall freundlich begrüßt. Auf einem netten Platz macht eine iranische Band Straßenmusik – so eine entspannte Stimmung überrascht uns nun doch!
Im Café erwartet Mozhdeh allerdings Birgit und Johannes – Verständigungsprobleme via WhatsApp ? – und es gibt etwas Verwirrung, die sich aber schnell auflöst. Nach kurzem Kennenlernen bei Kaffee und Tee auch hier wieder Gastfreundschaft pur, wir werden ins Auto gepackt und zum gemeinsamen Kochen mit nach Hause kutschiert. Johannes hatte mit seinem Apple Crumble zum Dessert vorgelegt und so werden wir gebeten auch ein Dessert beizusteuern. Öh, … was macht man da auf die Schnelle? Welche Zutaten und Küchengeräte gibt es? Sonja und ich einigen uns auf Panna Cotta – Sahne und Gelatine wird uns versichert kann man besorgen. Naja, die Sahne ist so dick, dass Kochen gar nicht mehr möglich ist und mit der Gelantine ist das so eine Sache. Letztendlich wird die Panna Cotta im Kühlschrank nicht fest und die dicke Sahne im Überfluß über Erdbeeren erzeugt einiges Lachen. Es ist ein lustiger Abend – auch selbstgemachten Shiraz Wein gibt es – und als wir nach Mitternacht aufbrechen wollen, will man uns überzeugen noch zu übernachten – überhaupt das Guesthouse könnten wir stornieren – schon wieder müssen wir unsere Reservierung verteidigen. Klar, am nächsten Abend kommen wir wieder zum Essen, Freunde sind ebenfalls eingeladen – von Dessert spricht allerdings niemand mehr … ?
Schon vor dem Frühstück ruft Nabil an, wir können mit ihm in die Berge und in den Schnee fahren – alles organisiert. So freundlich wie möglich machen wir ihm klar, dass uns die Sehenswürdigkeiten von Shiraz gerade mehr am Herzen liegen.
Erster Programmpunkt ist die Nasir-al-Molk-Moschee, zusammen mit einer Mädchenklasse lassen wir die Farbenspiele der bunten Fenster im Sonnenlicht auf uns wirken. Die Mosaike und die für Shiraz typischen rosa Blumenkacheln sind ebenfalls beeindruckend. Nach einem Bummel durch den Bazar treffen wir auf die Madraseh Khan, eine ehemalige theologische Schule, die gerade renoviert wird und einen genialen Innenhof beherbergt – ruhig, mit Brunnen und vielen Orangenbäumen. Weiter geht es zur Vakil Moschee mit schöner Säulenhalle als Gebetsraum und der Abschluss der Tour ist das wenig aufregende Fort von Shiraz.
Dann steht da noch der SIM – Kartenkauf an: Nabil und Mehdi holen uns gegen Abend ab und wir schlängeln uns durch den Abendverkehr. Unterwegs kommt die Frage zu unseren Reisepässen – nicht dabei … hätten wir wissen können!!! – ab da große aufgeregte Diskussion auf den Vordersitzen zwischen Nabil und Mehdi. Der dritte Laden ist schließlich bereit zwei SIM Karten ohne Reisepässe rauszurücken – wir sind wieder „connected“?. Weiter wild diskutierend und gestikulierend bringen die Beiden uns in den Außenbezirk zu Mozhdeh und Hooman, wo wir in geselliger Runde und mit gutem Essen einen angenehmen Abend verbringen. Sonja bringt die Gesellschaft nach dem Essen mit Ukulele und Liederbüchern noch in Stimmung.
Nun zieht es uns in den Süden – die Inseln in der Straße von Hormuz sollen es sein. Für 8 Tage werden wir dort unterwegs sein. „Adventure Iran“ hat uns eine abwechslungsreiche Tour zusammengestellt … Von Shiraz fliegen wir nach Bandar Abbas, dort empfängt uns Zakaria am Flughafen und es geht nahtlos weiter auf die Fähre nach Qeshm Island. Diese Insel ist u.a. berühmt für über 30 Geosites – ein Paradies für Geologen!!! Außerdem eine Freihandelszone und der Fleck im Iran, wo die iranischen Frauen schon mal die Kopftücher fallen lassen … passiert mir auch immer wieder – wie soll dieses Teil auch auf meinen kurzen Strubbelhaaren halten und das auch noch bei Wind???!!!
Zunächst verschlägt es uns aber in die Nature School von Housain – auch einigen iranischen Kindern muss die Natur wohl inzwischen organisiert nahe gebracht werden und Idealisten gibt’s in jeder Ecke der Welt … nach einem aufmunternden Kaffee auf dem Abenteuerspielplatz geht’s weiter zur ersten Geosite, dem Star Valley. Tiefe Einschnitte haben ein Labyrinth geschaffen, in dem wir fasziniert herumwandern und es anschließend (… eigentlich beim Sonnenuntergang – siehe iranisches Zeitmanagement) – von oben bewundern. In unserer Unterkunft werden wir dann noch ins Hochzeitszimmer verfrachtet … ein paar Jährchen zu spät, aber der Homestay Besitzer brauchte uuuuunbedingt noch ein Werbefoto ???
Am nächsten Tag dürfen wir nach langer Zeit mal wieder in die Pedale treten und mit dem Fahrrad die Canyon Landschaft erkunden. Schon cool durch diese Weite mit dem Fahrrad zu fahren! Unsere Bikes sind auch erstaunlich modern … der Rahmen noch mit Plastik ummantelt – nur Kette ölen scheint hier noch komplett unbekannt zu sein. So verrosten die Ketten fröhlich vor sich hin … wohin das führt muss unser Guide erleiden … er strampelt sich im kleinsten Gang eins ab und flucht sicher innerlich über seine Idee diese Tour per Fahrrad zu machen … insbesondere als die Kette dann auch noch abspringt. Dennoch, das Programm geht weiter: Nach einer kleinen Wanderung kommen wir an einen Brunnen und es gibt für jeden eine willkommene Erfrischung. Anschließend klettern wir a bissle in den Felsformationen herum … beeindruckend, welche Felsformationen Wasser und Wind entstehen lässt.
Nach dieser Aktion fahren wir zurück an die Küste und schauen uns eine Lenj Werft an – und fühlen uns an Sur im Oman erinnert. Die Lenj sieht den Dhows im Oman zum Verwechseln ähnlich – tja jaaa, die alten Handelsrouten … Hier werden allerdings deutlich mehr Boote produziert und wir dürfen auf eine Lenj sogar hinaufklettern. Die wackelige Leiter an der steilen Bordwand hinauf war zwar mal wieder eine kleine Mutprobe, aber es hat sich gelohnt … schon beeindruckend den Ausbau vom Bootsrumpf mal von oben zu sehen!
Anschließend düsen wir mit dem Motorboot durch die Mangrovenwelt und essen am Hafen ein Kamelmilch-Eis!
Was so alles in einen Tag passt!!! … und der Tag ist noch nicht zu Ende: Im Örtchen Laft werden noch die Windtürme bewundert und der Sonne beim Versinken im Meer zugeschaut …
Am Abend sitzen wir etwas geschafft in munterer iranischer Gesellschaft bei kreisender Shisha am Lagerfeuer im Homestay und werden mit lustigen und tragischen Volksliedern beglückt. Ein ausgelassenes Völkchen, das hier grad Urlaub macht! … die Witze zu später Stunde waren dann auch nicht mehr so ganz politisch korrekt ?
Am nächsten Morgen lassen wir uns beim Frühstück etwas Zeit … und drehen den berühmten Spruch des Orients mal um: WIR haben die Zeit und Zakaria die Uhr! …UNSER Reisetempo ist inzwischen offensichtlich entschleunigt ?
Aber Zakaria lässt sich nicht beirren – er hat auch an diesem Tag noch viel mit uns vor: Auf geht’s zur nächsten Geosite … ein Slotcanyon, den das Wasser tief in die Erde gegraben hat. Wir vergnügen uns dort gemeinsam mit einer Schulklasse – der perfekte Abenteuerspielplatz für die Horde Jungs!
Über Mittag wird uns ein bisschen Erholung am Strand gegönnt – ich hab mal wieder Zeit zum Muscheln sammeln … das Essen wird direkt an den Strand geliefert – mit etwas Verzögerung, da die Bestellung mangels Netzempfang etwas kompliziert wird. Entschleunigt aber das Reisetempo und wir schlagen nach dem Essen sogar noch ein Mittagsschläfchen raus!
Aber dann geht’s weiter – wohin? Zur nächsten Geosite natürlich! Salt Dome und Salt Cave … bei Ersterem drückt das Salz aus den roten Felswänden – schaut aus wie frisch verschneit! … und im Salt Cave bildet das Salz Formationen wie wir sie sonst nur aus Tropfsteinhöhlen kennen. Mit der Stirnlampe erkunden wir die Unterwelt und schlängeln uns durch lange Gänge unter der Erde … kaum zu glauben was sich da alles versteckt!
An diesem Abend steht dann noch Fischfang (… fürs Abendessen …) und Camping auf einer Mangroveninsel bevor. (Mit unseren langjährigen Angelerfahrungen sehen wir uns schon hungrig in den Schlafsack schlüpfen …) Bei Sonnenuntergang geht’s also ab aufs Wasser und ruckzuck ist das Netz unserer Fischer ausgeworfen und wird hinterm Boot hergezogen. Nach einer Viertelstunde wird das Netz eingezogen und schon tummeln sich verschiedenste Fische auf dem Bootsdeck. Abendessen gerettet!!! Sogar ein kleiner Hai ist dabei … den entlassen wir aber wieder in die Freiheit! Im Dunkeln landen wir auf unserem Inselchen an. Kleine Pfahlbauten bieten auf ihren Podesten Übernachtungsmöglichkeiten … und wir beschließen, dass es hier kein Zelt braucht. Schnell wird das Grillfeuer entfacht und die Fische wandern auf die heiße Grillplatte. Teller haben wir keine, aber dafür ein langes Holzbrett, das als Treibgut frei Haus geliefert wurde. Fachkundig werden die Fische zerlegt und … liebe Leute … die Jungs haben tatsächlich für uns Bier besorgt!!! Es wird ein lustiger Abend mit Musik und Kartenspielen – und wir stellen fest: Auch hier im Iran ist Vieles möglich ; )
Mitten in der Nacht werden wir dann von einem Gewitter überrascht … ratzfatz sind die Schlafsäcke nass während wir im Affenzahn die Zelte aufbauen. Tja, Pech gehabt – irgendwie schaffen wir es doch noch ein paar Stündchen Schlaf zu bekommen, bevor wir am nächsten Morgen mit ziemlich feuchtem Gepäck den Rückzug antreten. Aber eine lustige Aktion war’s allemal!
Heute ist ein anderes Inselchen dran – bei ziemlichem Wellengang und Wasser von unten und oben setzen wir unter lautem Gejuchze unserer iranischen Mitfahrer nach Hengam Island über. Die Delphin-Beobachtung war dann auch ein Erlebnis der besonderen Art … Dank hohem Wellengang in Kombi mit iranischem Fahrstil eher eine Art Achterbahnfahrt. Jaaaaa, Schwimmwesten haben durchaus ihre Existenzberechtigung! Aber wir haben tatsächlich Delphine gesehen!
Auf Hengam Island dann der volle Touri-Rummel … am Strand Souvenirbuden ohne Ende – was man aus Muscheln so alles herstellen kann! Die lokalen Stickereien sind durchaus sehenswert … aber nicht so ganz mein Stil ; )
Mit dem Motorrad-Tuktuk umrunden wir mal schnell die Insel und genießen die abschließende Strandwanderung, bevor wir uns wieder nach Qeshm zurückschaukeln lassen.
Am nächsten Tag soll es nach Hormuz Island weitergehen, aber zuerst steht noch Wattwandern an … auch hier gibt es Ebbe und Flut und ich frische Kindheiterinnerungen auf und bohre mit Vergnügen meine Zehen in den Matsch!!! … viele Iraner fahren eher mit dem Auto durch die Wattlandschaft … aber haben dabei mindestens genauso viel Spaß wie ich!
Unser Besuch auf Hormuz Island fällt mehr oder minder ins Wasser … wir haben gezielt einen von den 5 Regentagen (… ob das nur ein Gerücht ist ???) im Jahr erwischt und es gießt wie aus Kübeln und Gewitter legen immer wieder die Stromversorgung lahm. Unser Versuch uns die Geosites dieser Insel trotzdem anzuschauen endet mit rot gefärbten Schuhen und nett gepünktelten Hosenbeinen. Schließlich geben wir auf und kuscheln uns im Hotelzimmer völlig dekadent ins warme Bett! Auch solche Tage gibt es im Sabbatjahr – komplett entschleunigt! Nur unser Tourguide hat an diesem Tag a bissle Langeweile … aber die nächste Tour kommt für ihn bestimmt! Für uns geht’s jedenfalls zurück nach Shiraz – Nowruz, das iranische Neujahr feiern!!!
hallo Ihr Beiden,
wir schwelgen in Erinnerungen. Hier in Valparaiso ist unsere Zeit im Iran so weit weg. Aber die Bilder haben unsre tollen Erinnerungen sehr schnell wieder nach oben gespült.
liebe Grüße Birgit und Johannes
Wir denken an Euch und richten Mozhdeh und Hooman schöne Grüße aus wenn wir wieder in Shiraz sind !!
Haha bei den letzten Bildern könnte man meinen Ihr wart streichen und habt euch ordentlich voll gesaut ?
Ansonsten auch coole Bilder und Story. Bringt mir ein Land näher über das ich bis jetzt nicht so viel gehört habe!
… Und wieder eine Inspiration mehr, „da möchte ich auch hin“, grummelts in mir…
Toll, eure Erlebnisse.
Herzlich Elke
Hi Elke, Iran lohnt sich ? !!
Hallo Christoph,
ich habe mir erlaubt diesen Bericht an Fariborz weiterzuleiten.
Liebe Grüße
Andrea
Hallo Andrea, aber sicher doch – habe auch schon ein paar mal an Nicki und Fairborn gedacht seit wir hier sind.
Viele Grüße aus dem völlig verregneten Shiraz