Delhi … Wiedersehen mit Marie in Indiens Hauptstadt

Delhi … Wiedersehen mit Marie in Indiens Hauptstadt

13. Dezember 2018 0 Von sschellh

Delhi … unser logistischer Zwischenstopp vor unserer Motorradtour durch Rajasthan… und ein Wiedersehen mit Marie!

Gemeinsam Delhi zu entdecken macht Spaß! Im Roten Fort bestaunen wir hauptsächlich die indischen Touristen … und die riesige Mauer… Vieles ist vor unseren neugierigen Blicken verborgen – und manches nur auf Zehenspitzen durch Marmor“fenster“ zu erspickeln. Mehr Spaß haben wir dann bei einer Fahrrad-Rikschatour durch Old Delhi – wir schnüffeln uns durch den Gewürzmarkt und unser Fahrer schleust uns durch die Hinterhöfe auf ein Hausdach … das eröffnet uns den Blick in den Innenhof einer Moschee und wir können die Nachbarn bei Drachensteigenlassen beobachten. Das ist hier immer noch üblich und es gibt sogar ein Festival, wo sich die Menschen im Wettbewerb die Drachen abjagen, indem durch gekonnte Flugmanöver gegenseitig die Drachenschnüre gekappt werden.

Nach unserem Aufenthalt in Kolkata waren uns doch einige Fragezeichen zum Leben in diesen Großstädten geblieben, so dass wir uns hier in Delhi zu einer geführten Tour durch einen der vielen Slums entschließen. Nein, es war nicht wie ein bisschen im Hinterkopf befürchtet ein „Zoobesuch“, sondern eine informative Führung durch Chitty, einen Mitarbeiter einer kleinen NGO. Wir fahren zusammen zu einem Slum „Sanjay Colony“ nahe der unzähligen Textilfabriken. Dieser Slum hat sich schon in den 60er Jahren entwickelt und so sehen wir heute gewachsene Strukturen. Frauen sortieren in einer langen Gasse auf dem Boden Unmengen von Stoffresten nach Farben für 200Rp/Tag. Im Slum selber viele kleine Schneidereien und kleine Läden für den Alltagsbedarf. Beim Durchlaufen erleben wir eine geschäftige Alltagsruhe und viele neugierige Menschen.  Es gibt Anlaufstellen für medizinische Problemchen und eine Schule, in der morgens die Mädchen und nachmittags die Jungs unterrichtet werden. Vor ein paar Jahren hat die Regierung sanitäre Anlagen am Rand des Slums errichtet … Toiletten, Duschen, Waschgelegenheiten. Seitdem ist die sanitäre Situation wohl deutlich besser. Die NGO selber betreibt so etwas wie ein kleines „Community College“ – Englischkurse, Computer Science, Bewerbungstrainings … die Angebote werden nach anfänglichem Misstrauen nun gerne angenommen. 80% unserer Tourgebühr fließt in dieses Projekt. Das erklärt auch die hohe Akzeptanz der Führungen durch die Gassen des Viertels. Für uns ein informativer Vormittag – aber dem vermittelten Feeling „alles halb so schlimm im Slum“ trauen wir nicht wirklich … Fotos gibts zu diesem Thema nur drei „Offizielle“ – selber Fotografieren war sinnvollerweise nicht erlaubt.

Auf dem Rückweg in die City dann der moderne Gegensatz: Delhi hat ein sehr modernes und gut funktionierendes Metronetz – das war für uns die willkommene Abwechslung zum Getröte und Getöse auf Delhis Straßen und wir sind die Folgetage wo nur möglich Metro gefahren – fragt lieber nicht wie oft Chris zu unserem Vergnügen beim Verlassen der Metro seinen Token überall gesucht hat ; )

Am Abend feiern wir mit Marie noch gebührend ihr 1. Staatsexamen – indisches Essen vom Feinsten im „Indian Accent“ – mit Sekt &Wein und diversen Gängen =)

Die Gegensätze für einen Tag könnten kaum größer sein – aber so ist Indien nun mal…

Interessant ist für uns auch der Besuch des größten Sikh-Tempel Indiens „Gurdwara Bangla Sahib“ am Folgetag.

Sikhs sind Anhänger einer im 15. Jahrhundert in Nordindien entstandenen religiösen Reformbewegung. „Sikh“ bedeutet übersetzt „Schüler“. Die Religion wurde von dem Wanderprediger Guru Nanak (1469-1538) begründet. Er versuchte, mit der neuen Religion eine Verbindung zwischen Hinduismus und Islam zu schaffen. Genauso wie Christen und Muslime glauben auch Sikhs nur an einen Gott. Die Religion breitete sich vor allem auf dem Gebiet der Provinz Punjab aus, die seit 1947 zwischen Indien und Pakistan geteilt ist. In der indischen Stadt Amritsar steht das Hauptheiligtum der Sikhs, der Goldene Tempel, der 1984 bei religiös-politischen Auseinandersetzungen von der indischen Armee gestürmt wurde. Neben der Heiligen Schrift der Sikhs, der Guru Grant Sahib, haben vor allem die Karma-Lehre (Lehre vom Geburtenkreislauf) und ein tugendhaftes Leben mit der Überwindung von Egoismus Gültigkeit. Anders als im Hinduismus kennt der Sikhismus kein Kastenwesen. Sikhs tragen als Ausdruck von Gleichberechtigung gemeinsame Nachnamen. Sikh-Frauen tragen den Nachnamen Kaur (Prinzessin) und Männer Singh (Löwe). Zu den Kennzeichen eines Gläubigen gehören unter anderem das ungeschnittene Haar mit Dastar (Turban ähnlich – für Spiritualität), ein kleines Schwert (für Mut und Selbstaufopferung) und ein stählernes Armband (für die Einheit mit Gott).

Uns hat besonders die Musik im Tempelinneren fasziniert und dann auch die tägliche Speisung von Hunderten von Gläubigen. Riesige Töpfe und unzählige ehrenamtliche Helfer, die schnibbeln, Unmengen Chapatis (100.000/Tag) ausrollen und Essen austeilen…

Sehr schön auch Humayun’s Mausoleum, dem nachgesagt wird Inspiration fürs Taj Mahal gewesen zu sein. Die roten Steine im Abendlicht haben es nicht nur uns angetan, sondern dienen als Hintergrund für Unmengen von indischen „Foto-Shootings“ – auch Marie ist inzwischen schon erfahrener „Selfie-Star“ =)

Nach diesen kurzen gemeinsamen Tagen geht’s für Marie nun weiter nach Vietnam … und wir freuen uns aufs Motorbike ! (… und auf deutlich bessere Luft … die Luftqualität in Delhi wurde an diesen Tagen selbst von der indischen Presse mit „very poor“ betitelt … und uns brannten spätestens am Abend die Augen und der Hals kratzte merklich – saubere Luft bedeutet definitiv mehr Lebensqualität!)

Ach ja…und dann hier noch die Story zu unserem Start Richtung Jaipur … Zug ist gebucht – das mit dem Frühstücken haben wir auch noch geschafft ( … ohne Kaffee ist mein Süßer nicht so richtig happy am Morgen…) und dann – rein ins TukTuk und ab zum Bahnhof. Der ist ja gleich um die Ecke, den kennen wir schon vom Metrofahren ; ) Jooo, aber wo erfahren wir auf welchem Gleis der Zug fährt??? Anzeigetafel – Pustekuchen! Also Treppe rauf, alle Treppenabgänge entlang geflitzt (…mit Gepäck …) … nix fährt nach Jaipur… Passanten fragen – auch Pustekuchen … plötzlich spricht keiner Englisch, aber alle wollen helfen: Einer zeigt nach links, der andere nach rechts … alles klar! Die Uhr läuft … und schließlich die Erkenntnis: Falscher Bahnhof!!! Rein ins nächste Taxi, gefühlt quer durch die Stadt zum anderen Bahnhof …Verkehrsregeln: Was ist das? … Tatsächlich stehen wir 10 min vor Abfahrt vorm Bahnhof… und haben einen horrenden Preis fürs Taxi gezahlt… aber gerne doch, bei dem Einsatz! Aber auch hier dann nach einigem Fragen die Erkenntnis … auch dies ist der falsche Bahnhof – der Richtige liegt beim ersten Bahnhof um die Ecke!!! Auch in dieser Situation findet sich ein (geschäfts-) tüchtiger Taxi- Fahrer, der sich auf die Fahnen schreibt den Zug an seiner nächsten Haltestation noch einzuholen … na ja, etwas ambitioniert … also Zugjagd die Dritte quer durch Delhi … aber ein Blick auf die EisenbahnerApp verrät uns auf halbem Weg bereits, dass der Zug eindeutig zu pünktlich (!) unterwegs ist und wir ihn schlicht und einfach verpasst haben … Ende vom Lied: Wir liegen mal wieder im Liegebus und lassen uns nach Jaipur schaukeln … dauert halt dann doppelt so lange wie der Zug … aber: Wir haben ja Zeit im Sabbatjahr … und daran, dass mich das alles gar nicht groß aufregt merke ich: Das Sabbatjahr wirkt!!!