
Gilgit-Baltistan … Stadt und Land und Leute … und ein Chai geht immer!
Nach unserem Ausflug in die Gletscherwelt steht nun natürlich auch ein bisschen Stadt und Kultur auf dem Programm – und Karimabad hat da Einiges zu bieten … wir stromern entspannt durch die Gassen der am Hang gelegenen Stadt mit fantastischem Blick auf die Berge ringsherum. Die Herren shoppen die hiesigen Kappen und ich genieße den Walnusskuchen, der sich gegenüber einer Bündner Nusstorte wahrlich nicht verstecken muss. Die vielen kleinen Straßenszenen zu beobachten macht einfach Spaß! Da sind die Kinder, die von der Schule kommen – alle chic in Schuluniformen. Aber auch die Männer, die straflagermäßig in Kleinstarbeit die Fugen zwischen den Pflastersteinen herausklopfen. Dazu die vielen Händler, die in ihren Souvenirläden versuchen die x-te – Kappe oder den gaaanz echten Kashmirschal zu verkaufen.( Jaaa … hier gibt es viel einheimischen Tourismus!)
Und immer reicht es auf einen Chai (Milchtee) und ein Schwätzchen zwischendrin. In einem Café beteuert uns der Inhaber mit großen Augen, dass ER niemals nach Europa wolle – diese Hektik und das ständige Arbeiten … nein, nein – er weiß seine Ruhe sehr zu schätzen: In der Saison arbeiten und dann im Winter … viel Chai trinken und mit den Freunden schwätzen und spielen – DAS ist Leben!
In puncto Kultur bietet Karimabad gleich zwei Fort-Anlagen … Baltit und Altit. Beide recht aufwendig restauriert und wer steckt dahinter? Die Aga-Khan-Kulturstiftung natürlich ? Wir lassen uns wohldosiert Einiges über die Stadtgeschichte erzählen und bewundern die aufwändigen Holzarbeiten sowie den tollen Blick. Und hinterher gibt’s – na was wohl? Einen Chai …
Quer durch die Stadt und ein bisschen querfeldein gehts weiter zum Altit-Fort – hier ist noch mehr Alltagsleben zu sehen. Rings ums Fort liegt die Altstadt, die auch heute noch bewohnt ist. Vom Fort aus dürfen wir ein bisschen hinter die Kulissen schauen und das Leben in den Hinterhöfen wird für uns endlich einmal sichtbar. Saleem trifft in den Gassen noch auf einen Freund und wozu lädt dieser uns ein? Zu einem Chai natürlich! Und zeigt uns anschließend gleich noch sein Haus im Bau mit einem super Blick aufs Altit-Fort – da lässt es sich wohnen!
Das älteste Dorf im Hunzatal – Ganish – liegt gleich unterhalb von Karimabad und auch hier leben noch einige Familien. Die Kinder sind neugierig, posieren für Fotos und auch hier werden die Englischkenntnisse erprobt, außerdem werden wir mit uns unbekannten kleinen roten Beeren verwöhnt … rote Beeren??? Hoffentlich gibt das morgen keine lila Punkte oder andere Folgen …
Es ist alles gut gegangen und nach drei Tagen Stadtleben zieht es uns wieder in die Berge – wir verlassen den Karakorum Highway dort, wo Karakorum, Hindukush und der Himalaya sich treffen und fahren gen Südosten ins Astore Valley. Bei Astore quartieren wir uns für drei Tage in einem Hotel ein, das eigentlich schon in tiefem Winterschlaf liegt – was Service, Putzen und Kochen sowie Strom und Warmwasser angeht. Dafür feiert der Hotelbesitzer gleich oberhalb drei Tage … HOCHZEIT!!! Zum Essen dürfen wir dann da mal vorbeischauen – ich wollte schon immer mal mit lauter bärtigen Herren ein Abendessen einnehmen … sitzen und essen wie auf dem Präsentierteller denn eigentlich sind Mädels da verboten – aber neugierig waren die Herren zumindest genauso wie ich. Und schließlich haben wir unsere Hochzeitserfahrungen aus Tadschikistan und China zum Besten gegeben und aus Deutschland erzählt – zum Glück gibts nen Handy mit unterhaltsamen Fotos und Filmchen! Beim Tanzen wollen sie uns dann aber doch nicht dabei haben und so „genießen“ wir die Musik die nächsten Nächte von unserem Bett aus ?
Passend zur Hochzeit gestaltet sich übrigens auch das Straßenbild in Astore … seeeeehr männerlastig und die neugierigen Blicke zeigen uns, dass hier wohl wenig ausländischer Tourismus präsent ist. Und wir schauen mindestens genauso neugierig in die Läden und die Seitengassen hinein …
In den nächsten Tagen laufen wir einfach mal über die Dörfer – und werden überall freundlich empfangen. Zuerst ein vorsichtiger Blick, dann auf unseren Gruß ein Lächeln und schließlich: Der eine oder andere Chai! Es ist wirklich Gold wert Imtiaz dabei zu haben, der auch immer für ein Schwätzchen zu haben ist. So erfahren wir ein bisschen von den Menschen und ihrem Leben hier, von Ortspolitik, Landwirtschaft und Familiensorgen. Und werden auch immer wieder mit frischen Walnüssen, Äpfeln und frisch gekochten Kartoffeln verwöhnt – das, was halt grad so greifbar ist … und Walnüsse hat hier fast jedes Kind in seinem weiten Gewand irgendwo versteckt ? ??
Die Jungs spielen hier übrigens nicht Fußball sondern am liebsten Kricket und Polo – Letzteres mit selbstgeschnitzten Holzschlägern. Und Polo spielen hier auf den Dörfern auch die „großen Jungs“ – und wir haben das Glück in Gori Kote bei solch einem Happening dabei zu sein. Alle Achtung mit welchem Einsatz dort gespielt wird – vollkommen verschwitzte Pferde und treffsichere Reiter, die teilweise in vollem Galopp übers Feld preschen! Alles natürlich ohne Helm o.ä. – und mangels Rasenplatz in einer Riesenstaubwolke … die auf die Dauer auch die Zuschauer komplett eindeckt! Zum Abschluss dürfen wir als internationale Gäste noch allen Spielern die Hände drücken (pardon – nur Chris … ich habe höflich gelächelt und anerkennend mit dem Kopf genickt) und wozu wurden wir eingeladen? Genau: Zu einem Chai! … diesmal haben wir dann abgelehnt … irgendwann ist das Fass mal voll?
Die Tage in Astore waren entspannt und erlebnisreich – und nun gehts weiter Richtung Skardu, von wo aus wir dann nach Islamabad fliegen werden. Zwischen Astore und Skardu liegt der Deosai Nationalpark auf 4000m und eine „tadschikische“ Piste, die es in sich hat und auch unseren pakistanischen Fahrer Saleem an den Rand seiner Fahrkünste treibt. Wie haben wir das Gerüttel vermisst !!!???
Aber die Landschaft ist mal wieder vom Feinsten … auf dem Weg hoch zum Deosai können wir auf den Dörfern verfolgen, wie sich alles für den Winter richtet – die letzte Ernte wird eingeholt, die Viecher von den Hochweiden getrieben und auf den Dächern stapeln sich die Heuhaufen. Die Bäume verfärben sich, in den oberen Lagen fehlen schon die Blätter und außerdem überwiegt hier Nadelwald … sieht teilweise schon fast schweizverdächtig aus.
Am höchsten Punkt ein glasklarer See – Shausar Lake – und erfrischende Außentemperaturen – unser Picknick fällt etwas kürzer aus als geplant und wir machen ab jetzt auch die Fotos eher auf japanische Art eher aus dem Autofenster heraus. Ein paar Höhenmeter tiefer tatsächlich ein Camp mit „Restaurant“ – DER Touristopp – und es gibt ein warmes Mittagessen und …. einen CHAI !!! Bei beginnendem Schneefall seeeehr willkommen?
Nach einigen Stunden Pistengehoppel und tollem Blick auf die Bergketten vor uns geht es noch einmal abenteuerliche Serpentinen hinunter und dann ist endlich Skardu in Sicht. Die ganze Stadt ist eigentlich in eine Dauerstaubwolke eingehüllt, denn auf der einen Seite der Stadt erstreckt sich eine Sandwüste, wie wir mit Erstauen feststellen … dort werden sogar immer wieder Autorennen veranstaltet und die Sanddünen erreichen eine stattliche Höhe.
Wir machen hier einen Ausflug ins Shigar Valley und kraxeln mit kleineren Klettereinlagen auch dort zu einem Fort hoch – Ausblick mal wieder fantastisch!
Den Nachmittag verbummeln wir dann im Bazar und lassen uns durch das Gewimmel treiben… und zum Abschluss gibt es natürlich… einen Chai?
Video:
An unserem letzten eher staubigen weiteren Tag in Kachura machen wir einem Ausflug nach Shangrila … Der dortige See ist schon ewig Ausflugsort der hitzegeplagten Flachländer Pakistans im Sommer – für uns eher Flucht vor der Staubwolke in Skardu … und auch dort am See – obwohl eigentlich schon alles zu ist (Winter…) … da kommt um irgendeine Ecke ein junger Mann … und … es gibt tatsächlich noch CHAI !!!
Wow was für ne Story, schon zum lesen ist man von den ganzen Eindrücken überfordet. Muss gigantisch sein vor Ort zu sein 🙂
Und Papa’s neuer Hut ist ja auch echt super 🙂 ich seh schon ihr passt euch langsam an – kappe und jede menge chai!
Passt auf euch auf :*
Tim
Immer wieder spannend, eure Berichte zu lesen und die tollen Bilder zu bewundern. Mental fühle ich mich manchmal 35 Jahre zurückversetzt in dieses Lebensgefühl, das wir hatten, als wir das Jahr in Asien herumgereist sind……. Klar, geht ohne Chai gar nichts.
Habt ihr eigentlich immer einen Guide, oder wie kommuniziert ihr mit der einheimischen Bevölkerung? Englischkenntnisse duerften in den Bergdoerfern doch eher rar sein…..
… Und Chrischtof, was hasch au füer äe naekisches Käpple uff, des isch in Freiburg b’schtimmt de neuschte Hit…. 🙂
Herzlich Elke
Hallo Elke,
ja, wir waren jetzt immer mit Guide unterwegs … auf den Dörfern reden noch nicht einmal alle Urdu – geschweige denn Englisch … Wir bekommen so viel mehr mit von Land und Leute …
Tja, sollte ich dann ein größere Menge Hunza Käppis bestellen ??
Gruß Christoph
Hallo Christoph,
eine fantastische Welt und Landschaft die ihr da aufzeigt. Wir müssen unsere Urlaubspläne für das nächste Jahr wohl nochmal überdenken ?
Beste Grüße
Rainer
Hi Rainer, wir werden so oft auf der Strasse angesprochen, dass man sich freut das wir hier sind, ob uns Pakistan gefällt usw. Heute Morgen hat uns jemand erklärt, dass sie seit 10 Jahren dafür beten das Ausländer sich wieder ungezwungen in der Stadt bewegen . „Wir sind doch keine Extremisten …“.
Gestern waren wir die einzigsten Ausländer im Lahore Fort mit Tausenden Sonntags Ausflüglern – wir haben gefühlt mit jedem Dritten ein Selfie machen müssen ..
Die Leute freuen sich wirklich über jeden der sie besucht.
Gruß Christoph
…wieder ein mega Bericht trotz der Chai-Drogen die ihr intus habt!!! …ich freu mich schon auf die nächsten Geschickten von den Chai Junkies!