Weinberge ? & Meer ?: CAPE TOWN !!!

Weinberge ? & Meer ?: CAPE TOWN !!!

10. Mai 2019 6 Von cschellh
Wir verlassen in den frühen Morgenstunden das regenerische Teheran und landen am nagelneuen Flughafen in Istanbul – chic (… aber leider noch ohne Gepäckaufbewahrung fürs Handgepäck … grrrmpf …). Wir haben nämlich einen ganzen Tag Zeit bis zum Weiterflug. Also fahren wir mit Bus und Metro und unseren Rucksäcken samt Ukulele ins Stadtzentrum – im strömenden Regen. In unserem kleinen Café am Galata Turm gibts zum Glück immer noch guten Kaffee – unser Gepäck sind wir in einem Hotel auch geschickt losgeworden – und dann stürzen wir uns in den großen, bunten Bazar einschließlich Entspannungsstopp im Shisha Shop. Abschließend noch ein Feierabendbierchen und ein Abendessen in Beyoglu und mit vollem Bauch fahren wir zurück zum Flughafen. Abflug nach Mitternacht … dafür Anflug über Cape Town am frühen Morgen bei strahlend blauem Himmel – Welcome to the „Mothercity“ !
Von Cape Town hatten wir schon viel gehört und gelesen – und freuen uns darauf. Hier wollen wir uns erst einmal eine ruhige Phase gönnen – für neun Tage ist ein Airbnb in der Stadtmitte gemietet. Wir haben uns vorgenommen wieder mehr sportlich aktiv zu sein – Laufen SOLL es sein … und Pilates MUSS es sein (… unseren regelmäßigen Sport vermissen unsere Bodys doch im Sabbatjahr …) – also ist unsere erster Tag damit gefüllt, an der Waterfront Laufklamotten und Yogamatten für uns beide zu besorgen – naja, nicht ganz, für Musikprogramm und Meeresfrüchtelunch inklusive kaltem Weißwein reicht es auch noch … und ich habe Chris NICHT beim „Husband Day Care Center“ abgegeben – wir waren tapfer gemeinsam shoppen. 

Free City Walks haben es uns inzwischen angetan – hinterher beim Zahlen selber entscheiden, was die Tour wert war … in Cape Town gibt es gleich mehrere Touren zur Auswahl. Wir entscheiden uns für den „Freedom Walk“ und die „Bokaap -Tour“. Apartheid – ein Thema, dass Südafrika maßgeblich geprägt hat … und uns schon in seinen Spätfolgen auf unserer ersten Südafrika-Reise mit den Kids beschäftigt hat. Cape Town ist mit Robben Island und der Freilassung von Nelson Mandela natürlich eine der Städte, in denen dieses Thema historisch sehr präsent ist. Wir schauen uns Gerichtsgebäude an, vor denen heute noch die Bänke „Non-White only“ und „White only“ stehen … und bekommen durch Erzählungen einen kleinen Einblick, was das damals für den Alltag von Familien bedeutete. Familien wurden getrennt und in verschiedene Stadtbezirke umgesiedelt … Geschwister durften aufgrund der Hauttönung nicht auf dieselbe Schule gehen, der Bleistifttest (googled mal Pencil Test) entscheidet, ob du White oder Coloured bist … welche Blüten dieses Apartheidssystem in der Praxis geschlagen hat ist unglaublich. Der Widerstand Desmond Tutus und Nelson Mandelas – beeindruckend … am Abend schauen wir uns den Film „The Long Way to Freedom“ über Nelson Mandela an. Auch die zweifelhafte Rolle Winnie Mandelas kündigt sich dort bereits an.

Im District 6 Museum erzählt uns ein Zeitzeuge von der Räumung eines kompletten Stadtteils im Rahmen der Rassentrennungsgesetze … ein Stadtteil, in dem kulturelles Miteinander gut funktioniert hat, wird zerstört und zu einem „Whites only“ Viertel … viele Menschen weit außerhalb der Stadt in fein sortierten Vierteln unter miesen Bedingungen entwurzelt in den Cape Town Flats untergebracht … unfassbar.

Wie schaut das Miteinander heute aus … diese Frage beschäftigt uns immer wieder … und die Antwort unserer Beobachtungen ist facettenreich: Junge Leute sitzen in gemischten Gruppen ungezwungen in den Kneipen, die Bettler an den Straßenkreuzungen sind durchweg schwarz, ein eingewanderter Jurist schimpft auf den schwarzen Abschaum und brüstet sich mit dem Schlagstock neben der Handbremse, durch manche Stadtviertel möchtest du als „Weißer“ immer noch nicht fahren – geschweige denn laufen, bei Reparaturarbeiten steht der weiße Wohnungsbesitzer neben den schwarzen Arbeitern, damit wenigsten im zweiten Anlauf nicht mehr alles tropft … Ungeduld auf allen Seiten was die Effizienz der Politik betrifft … Korruption allgegenwärtig. Definitiv eine Regenbogennation … für uns in Vielem auf die Schnelle undurchschaubar … ist es in den letzten Jahren hier besser oder schlechter geworden? … schwer zu sagen … aber am 8.Mai sind Wahlen.

Am nächsten Tag die „BoKaap-Tour“ – die Bilder von dem bunten Stadtviertel sind vielleicht manchem von euch schon begegnet … BoKaap ist ein muslimisches Viertel … somit gibt es Malay Food und den Ruf des Muezzin zum Gebet. Aber auch dieses Viertel kämpft heute um seine kulturelle Existenz – die exzellente Innenstadtlage lockt Investoren aus allen Ecken und verändert die Bevölkerungsstruktur maßgeblich.

Am nächsten Tag schippern wir nach Robben Island – allein die Bootsfahrt ist ein Erlebnis: Cape Town mit dem Tafelberg von der Wasserseite her, im Hafenbecken tummeln sich die Robben und kurz nach der Hafenausfahrt begegnen wir einer riesigen Delfinschule … Urlaubsstimmung pur  – bis dann Robben Island vor uns liegt … die Gefängnisinsel … Flucht schwimmender Weise scheiterte an Unterströmungen und Haien … hier schuftete Mandela mit vielen Anderen sinnfrei im Steinbruch … jahrzehntelang. Gefängniszellen fotografieren ist nicht mein Ding … die Schilderungen eines Ex-Häftlings sind eindrucksvoll. Auch hier wieder unfassbar, was Menschen Menschen antun.
Die Rückfahrt übers Meer nimmt die Beklemmungen … und an der Waterfront tobt das Leben … wir genießen einen Sundowner auf dem Rooftop vom Silo … mit wunderschönem Blick über die Stadt, Tafelberg und den Hafen … die Kontraste können größer kaum sein.

Als unser Vermieter im Motorrad -T-Shirt die Wohnung übergibt, springen wir sofort darauf an – ja, es gibt da einen Motorradverleih um die Ecke … BMWs und Harleys sind im Angebot – mit einer Harley zum Cape of Good Hope, DAS soll es sein!!! Mitte der Woche lässt der starke Wind nach und wir mieten für Freitag eine Harley !

Naja, zum ersten Mal so ein Geschoss – wie sagt der Vermieter: Technik aus den 40ern – und Motorradfeeling war bisher anders … Spaß macht es auf jeden Fall an der frischen Luft gegen Süden zu düsen. Vor Hout Bay ist der berühmte Chapman‘s Peak Drive – eine grandiose Straße oberhalb den Klippen des Atlantischen Ozeans – beschrieben als eine der besten Motorradstrecken überhaupt – wir genießen. Die Siedlungen entlang der Halbinsel sind malerisch gelegen und südlich von Simon‘s Town lebt eine Kolonie afrikanischer Pinguine. Die ca 3.000 Pinguine bieten eine Klasse Show für alle Zuschauer – ein paar Viecher watscheln ins Wasser, andere toben schon dort oder mühen sich wieder an den Strand zurück. Über den ganzen Strand verteilt sind Paare am Brüten oder Umsorgen ihrer Sprösslinge, während die Heranwachsenden in ihrem Daunenkleid ziemlich unförmig aussehen. Das Spektakel zieht uns für einige Zeit in seinen Bann.

Von da aus geht es dann zum Cape Point, dem südwestlichsten Punkt von Afrika. Es ist ein dem Wetter ausgesetzter Zipfel, der da ins Meer ragt und vom Leuchtturm aus hat man einen schönen Blick über die Klippen. Es ist dann nur ein kurzes Stück bis zum Cape of Good Hope, das 1488 von Bartholomeu Diaz zum ersten Mal umsegelt wurde und Vasca da Gama dann 10 Jahre später den Seeweg nach Indien ermöglichte. Alle wollen mit dem Ortsschild fotografiert werden und so stellen auch wir uns geduldig in die Reihe für einen Schnappschuss.
 

Inzwischen klappt die morgendliche Routine ganz gut … aufstehen, joggen durch den Park oder wahlweise an der Strandpromenade  (… das macht man hier am Sonntag), hinterher Pilates auf den neu erstandenen Yogamatten. Für ein bisschen Unruhe sorgt eines Nachts der tropfende Warmwasser – Boiler … auch ein Airbnb schützt vor Rohrbruch nicht … und schwups, haben wir morgens keine Dusche sondern die Handwerker im Bad … umpff … Reparatur klappt erst im zweiten Anlauf (s.o.).

Aaaaber … die Stimmung ist gut! – nach unserer Harleytour sind wir jetzt Dank einer knuffigen, flotten roten Vespa weiterhin mobil und erkunden Stadt und Umland … soooo cool! Also noch einmal der Chapman‘s Peak Drive am Samstagmorgen, ab zum Kunsthandwerksmarkt in Hout Bay … viel Kunst, viel Kruscht und gaaanz viel Kulinarisches!!! Sie wissen definitiv zu leben in dieser Ecke Kapstadts!

Am nächsten Tag geht’s ab aufs Land in die andere Ecke – unser erster Besuch auf einem südafrikanischen Weingut … Sonntagsstimmung wie in einer Strauße im Markgräflerland, dazu gechillte Live Musik … das Leben könnte schlimmer sein. Und ehrlich gesagt – wir haben 8 (!!!!) Monate Nachholbedarf was Vino angeht ; )

Auf der Rückfahrt noch einen Abstecher an den Strand – Weinberge & Meer sind schon was Feines. Ein Strandbummel gemeinsam mit Surfern, Hunden, Kids & Co … Sonntagsfeeling!

Cape Town war einen Besuch wert … wir haben es sehr genossen … und … kommen gerne wieder!!! … und wer von euch kommt mit ????

Sooo, und nun … übernehmen wir unser Camp-omobile – unser Zuhause für die nächsten zwei Monate. Schräger kann‘s kaum gehen … „Ja, ihr werdet um 11 Uhr abgeholt und zum Autovermieter gefahren …“ (Britz). Um 9.30 Uhr … wir noch tropfnass vom Joggen – kommt der Anruf … „Ich steh vorm Haus, seid ihr fertig?“ – NEIN!!! Auf die Abholzeit verweisen, duschen, frühstücken, packen … um 11.30Uhr immer noch niemand da. Anruf bei Britz … hm … neue Fahrerin hat die falsche Adresse angefahren … hatten wir nicht EXTRA schon gestern darauf hingewiesen, dass es unsere Straße in Cape Town gleich zweimal gibt???! Um 12.15 Uhr werden wir letztlich aufgesammelt … haben ja sonst nichts vor … bei Britz ein Lehrfilm über die Verkehrszeichen und so … ein paar Formalia … weiterwarten … ein Mitarbeiter: „Wisst Ihr, wir sind sooooo müde, haben wegen Africa Burn (Kunst&Musikfestival) in den letzten Tagen 265 Autos vermietet und kaum geschlafen … deshalb ist euer Auto jetzt auch nicht da … aber ihr bekommt nen Upgrade …“ Öm … jaaaa ???? „Für die nächsten Tage wollt ihr doch sicher Cape Town anschauen, danach können wir das Auto tauschen.“ NEIN !!!!!! Um 15 Uhr zockeln wir dann doch noch Richtung Stellenbosch … mit so `nem Fixaufbau-Ausbau- Muffel – Auto …GRRRRRRRRRRR!!!! Aber Laufen war auch keine Option … na ja, am nächsten Tag um 17 Uhr soll dann unser eigentliches Auto nach Stellenbosch geliefert werden … wird natürlich 18 Uhr und `ne Autoübergabe im Dunkeln ist einfach Sch ***. Dazu mehr später …

Stellenbosch – das Mekka für Weintrinker in Afrika – ein Weingut reiht sich an das andere. Wir sind auf einem Campingplatz gerade hinter dem Pass Richtung Franschhoek – bei Hardy aus Thüringen auf einer ehemaligen Farm. Vor unserer Ankunft haben wir schon die erste Weinprobe im edlen Delaire Graff Weingut oben am Pass genossen. Hardy empfiehlt uns die Weinwanderung durch die umliegenden Güter und bei wunderschönem Herbstwetter gehen wir am nächsten Tag auf den Vorschlag gerne ein. Die Weingüter hier sind große Wirtschaftsbetriebe und oft zugleich Weingut, Restaurant, Guesthouse, Ölproduzent, Farm etc. Die Anwesen sind schön gestaltet, neben den Reben sind Palmen gepflanzt und im Hintergrund liegen die Berge. Gegen Mittag zieht Regen auf und wir schaffen es gerade noch in das Tokara Delicatessen, ebenfalls am Pass gelegen. Das Steak ist grandios und der Shiraz sehr gut – Stellenbosch ist kulinarisch einfach ein Traum. Unser Auto wird auch getauscht … nach einigem Hin-und Her im Dunkeln. Das sollen wir noch bereuen… Unseren Abschlusstag in Stellenbosch verbringen wir erst einmal mit Einkaufen für die Fahrt gegen Norden, aber danach folgen wir einem weiteren Tipp von Hardy – wir fahren zu Wilderer – einem deutschen Gin- und Grappaproduzenten in der Nähe von Paarl. Zum Abendessen gönnen wir uns ein 4 Gänge Menü in Boschendal‘s Werf Restaurant – gegen Norden wird es ja kulinarisch wieder einfacher werden … – wir rollen uns nach üppigem Mahl mit vorzüglichen Weinen zu unserem Auto und wissen, warum wir uns Sportausrüstung beschafft haben …

Nun gehts Richtung Namibia … erste Station eine Campsite direkt neben dem Highway. Inzwischen haben wir festgestellt, dass unser Radio im Auto nicht funktioniert und das ist bei den riesigen Distanzen und im Hinblick auf zwei Monate ‚on the road‘ ziemlich öde! Zudem ist der Wagenheber unvollständig … ein fehlendes Verbindungsstück macht nach Aussagen von „Experten“ die Nutzung unmöglich. Und das geht gar nicht … Namibia ist als Reifenkiller bekannt … die vielen Schotterstraßen bescheren des Öfteren einen Platten in der Pampa und da wäre ein funktionierender Wagenheber definitiv sinnvoll. Tipp aus der Britz Hotline: Am nächsten Morgen in Springbok sollen wir versuchen die Ersatzteile zu bekommen – klar doch: Sonntags in Südafrikas Countryside – es ist natürlich alles zu. Zudem hatte sich nachts herausgestellt, dass die Moskitonetze unseres Dachzeltes Löcher haben bzw. ein Reißverschluss gerade den Geist aufgibt. Ich habe also mit Chris und ca. 30 Mücken im Dachzelt in meinen Geburtstag reimgefeiert. Also… das große Schlachten … für die meisten Mücken war das ein tödliches Buffett. Das Dachzelt ist jetzt also auch noch unappetitlich gepunktet … unausgeschlafen und abgenervt vom Mietauto genieße ich meinen Geburtstagsmuffin samt Kaffee von der Tanke ? … und den Rest des Tages heißt es Kilometerfressen Richtung namibische Grenze. Jaaaaaa … wir machen das hier alles freiwillig !!! War echt ’nen Supertag!

Tatsächlich schaffen wir es aber am Folgetag in Namibia mit einigem logistischen Hin-und Her (weil noch keine namibische SimCard) den Britz Kundendienst zu erreichen und wir bekommen ein NEUES Dachzelt und ein funktionierendes Radio direkt auf die Campsite am Fish River Canyon geliefert … und einen besseren Wagenheber!! YES!!!! Jetzt kann die Tour so richtig losgehen – Namibia, wir kommen !!!! (… dort sehen die Autos auch nicht viel fitter aus ?)